Blaugrünalgen
8.1 Einleitung
Cyanobakterien (Blaugrünalgen) sind die ältesten sauerstoffhaltigen Photoautotrophen auf der Erde und haben einen großen Einfluss auf die Gestaltung der Biosphäre ausgeübt, was zur Evolution der höheren terrestrischen Pflanzen- und Tierwelt geführt hat (Paerl und Otten, 2013). Durch die lange Evolutionsgeschichte (ca. 3,5 Milliarden Jahre) haben Cyanobakterien die Fähigkeit erworben, sich an geochemische und klimatische Veränderungen (Paerl und Paul, 2012) und an verschiedene aquatische Umgebungen mit unterschiedlichen Nährstoffgehalten, Wasserumleitung und Versalzung anzupassen (Reynolds, 1987; Paerl und Otten, 2013). Die globale Erwärmung und die Eutrophierung von Gewässern haben das Potenzial für eine Cyanobakterienblüte erhöht, da die Cyanobakterien bevorzugte Wachstumsbedingungen mit höheren Temperaturen und Nährstoffgehalten vorfinden (Smith, 1986; Paerl und Huisman, 2008). Ein solcher Trend ist ungünstig, weil die Blüten Oberflächenschichten und erdigen Geruch in Wasserkörpern für die Trinkwasserversorgung produzieren (Codd et al., 1999) und es wurde berichtet, dass Cyanobakterien eine Vielzahl von toxischen Verbindungen produzieren, zum Beispiel Microcystine und Saxitoxine (Baker et al., 2002; Chorus und Bartram, 1999; Sivonen, 1996). Diese von Cyanobakterien erzeugten Toxine können schwerwiegende gesundheitliche Probleme verursachen; so wurde z.B. vermutet, dass Microcystine akute Leberschäden oder sogar den Tod verursachen (Falconer et al., 1983; Jochimsen et al., 1998; Carmichael et al. 2001; Azevedo et al. 2002) und eine chronische Exposition gegenüber schwachen Microcystinen das Tumorrisiko erhöht (Falconer und Humpage, 1996; Humpage et al., 2000). Somit führen die schädlichen Cyanobakterienblüten zu ernsten Problemen in Seen und Reservoirs für die Trinkwasserversorgung und/oder Freizeitaktivitäten. Es ist wichtig, Cyanobakterienblüten zu überwachen und die Toxizität in Trinkwasserquellen schon in einem frühen Stadium zu bestimmen (Baker et al., 2002; Codd et al., 2005; Song et al., 2014).
Daher hilft die Bestimmung der Cyanobakterienhäufigkeit den Wasserressourcenmanagern, Maßnahmen zu ergreifen, um die durch Cyanobakterien verursachten Gesundheitsunfälle zu verringern. Der erste Ansatz ist die Zählung der Cyanobakterienzellen mittels Mikroskopie, die auch die Identifizierung der Cyanobakteriengattung ermöglicht. Die Polymerase-Kettenreaktion wurde ebenfalls angepasst, um Cyanobakterien von anderen Organismen in Wasserproben direkt zu identifizieren, indem die intergene Spacer-Region des Phycocyanins amplifiziert wird, was ebenfalls einen direkten Hinweis auf die Toxigenität liefert (Baker et al., 2002). Die Anwendung der Hochdruckflüssigkeitschromatographie (HPLC) ist ein weiteres Standardprotokoll zur Identifizierung und Quantifizierung von Cyanobakterien (Lawton et al., 1994). Obwohl die HPLC nicht in der Lage ist, Cyanobakterienarten zu identifizieren, misst sie verschiedene Pigmente und liefert ein robustes Maß für die Abundanz von Cyanobakterien. Auf der anderen Seite liefern in vivo fluorometrische Ansätze normalerweise ein indirektes Maß für die Häufigkeit von Cyanobakterien, indem sie die Konzentration von einem oder zwei Pigmenten wie Chlorophyll-a (chl-a) und Phycocyanin (PC) bestimmen. Zum Beispiel stellen verschiedene Firmen (z.B. Hydrolab und YSI) tauchbare Multiparameter-Sonden her, die mit Fluoreszenzsensoren zur Quantifizierung von Chl-a, PC und Phycoerythrin innerhalb einer Wassersäule ausgestattet sind. Obwohl die oben beschriebenen Labor- und Feldansätze nützliche Daten liefern, um Rückschlüsse auf das Wachstum von Cyanobakterien zu ziehen, sind diese traditionellen Ansätze oft durch den hohen Aufwand der Wasserprobennahme (Hunter et al., 2009) oder die geringe räumliche Abdeckung (Guanter et al., 2010) begrenzt.
Als Ergebnis sind die traditionellen Ansätze nicht geeignet, um Cyanobakterienblüten zu überwachen, die zeitlich kurzlebig und räumlich weit verstreut sind (Hunter et al., 2010; Huang et al., 2015). Die Einschränkungen traditioneller Ansätze werden durch Fernerkundungstechniken überwunden, die einen synoptischen Blick auf einer kurzen zeitlichen Skala bieten. Beispielsweise wurde die Fernerkundung verwendet, um die räumlich-zeitliche Dynamik der Chl-a-Konzentration () in Binnengewässern zu überwachen (z. B. Gons, 1999; Gons et al., 2008; Li et al., 2013 und Verweise darin; siehe auch Kapitel 6 und 7Kapitel 6Kapitel 7 in diesem Buch für die bio-optische Modellierung bzw. Fluoreszenz von Chl-a in Binnengewässern), was anschließend zur Ableitung der cyanobakteriellen Biomasse verwendet wurde (Kutser, 2004). Sie impliziert jedoch nur die gesamte Algenbiomasse, nicht aber die spezifische Biomasse von Cyanobakterien. Die Quantifizierung von chl-a ist kein robustes Mittel, um die Abundanz von Cyanobakterien genau abzuschätzen, da alles Phytoplankton chl-a enthält (Randolph et al., 2008; Song et al., 2014). Eine Quantifizierung eines Pigments, das in Süßwasser-Cyanobakterien enthalten ist, wird benötigt, um die Cyanobakterienhäufigkeit in den Gewässern genauer zu bestimmen. Es wurde vermutet, dass PC ein einzigartiges Pigment von Süßwasser-Cyanobakterien ist und ein ausgeprägtes optisches Merkmal um 620-630 nm darstellt (siehe Abschnitt 8.2), das die Ferndetektion (d. h. die biooptische Modellierung) von Cyanobakterien ermöglicht (z. B. Dekker, 1993; Simis et al., 2005; Mishra et al., 2013). Daher hat sich die Fernerkundung von Süßwasser-Cyanobakterien in den letzten mehr als zwei Jahrzehnten weitgehend auf die Entwicklung verschiedener biooptischer Algorithmen zur Schätzung der PC konzentriert (z. B. Dekker, 1993; Schalles und Yacobi, 2000; Simis et al., 2005, 2007; Li et al., 2015 und Referenzen darin), obwohl auch einige wenige Arbeiten zur Fernquantifizierung von Cyanobakterienzellen gefunden wurden (z. B., Lunetta et al., 2015).
Wie oben beschrieben, sind traditionelle Ansätze zur Überwachung von Cyanobakterien, die auf Feldproben beruhen, zeit- und arbeitsintensiv; daher konzentriert sich dieses Kapitel auf die aufkommenden Fernerkundungstechniken, die eine schnelle und effiziente Methode bieten, um uns sowohl die Intensität als auch die räumliche Verteilung von Cyanobakterienblüten zu liefern. In Abschnitt 8.2 wird die Absorptionseigenschaft von PC und ihre entsprechende Reaktion auf die Fernerkundungsreflexion diskutiert, die die grundlegende Basis für die biooptische Modellierung von Phyocyanin aus Fernerkundungsmessungen ist. Anschließend werden in Abschnitt 8.3 bestehende Fernerkundungsalgorithmen aus der Literatur umfassend besprochen. Einige repräsentative Algorithmen werden anschließend in Abschnitt 8.4 anhand desselben großen Felddatensatzes evaluiert und verglichen. In Abschnitt 8.5 wurden Karten aus Luftbildern generiert, um die Fähigkeit der Fernerkundung zu demonstrieren, eine synoptische Ansicht eines Gewässers zu präsentieren. Schließlich werden in Abschnitt 8.6 eine Zusammenfassung dieses Kapitels und zukünftige Forschungsrichtungen der bio-optischen Modellierung von vermerkt.