Blue-Toe-Syndrom
Das Blue-Toe-Syndrom ist gekennzeichnet durch eine Gewebeischämie sekundär durch Cholesterinkristalle oder atherothrombotische Embolisation. Sie führt zum Verschluss kleiner Gefäße. Die Zyanose der Zehen kann verschiedene Ätiologien haben, die vom Trauma bis zur Bindegewebserkrankung reichen. Die häufigste Ursache des Blue-Toe-Syndroms ist jedoch eine atheroembolische Erkrankung oder ein Aneurysma. Eine Embolisation tritt typischerweise nach einer ulzerierten atherosklerotischen Plaque oder einem Aneurysma im aorto-iliakal-femoralen Arteriensystem auf. Die Embolisation kann spontan oder aufgrund einer Vielzahl von Ursachen auftreten. Am häufigsten tritt die Mikroembolisation bei älteren Männern auf, die sich einem angiographischen oder gefäßchirurgischen Eingriff oder sogar einer antikoagulativen oder thrombolytischen Behandlung unterzogen haben. (1, 2) Zur Differentialdiagnose des Blue-Toe-Syndroms (insbesondere sekundär) gehört das Raynaud-Phänomen. Beim Raynaud-Syndrom sind die ischämischen Läsionen in der Regel diffuser, es sind größere Areale distaler Teile verschiedener Finger (selten Zehen) betroffen und von vasospastischen Störungen betroffen. Die Patienten sind meist jünger und ohne bekannte atherosklerotische Erkrankung. Beim Blue-Toe-Syndrom sind die Hautläsionen in der Regel begrenzt und auf die verschlossene Arterie bezogen: Die Finger sind im Gegensatz zu den Zehen selten betroffen, und ein Vasospasmus ist in der Regel nicht vorhanden. Schmerzhafte rote, violette, blaue oder schwarze Zehen können auch bei Patienten mit Thrombozythämie in Verbindung mit Polycythemia vera oder bei essentieller Thrombozythämie auftreten. (3) Bei diesen Patienten werden ischämische Läsionen an Fingern oder Zehen durch eine arterioläre Entzündung und die dadurch entstehende Thrombose von Mikrogefäßen verursacht.
Das Syndrom der Cholesterinembolie ist oft eine Multiorganerkrankung. Die klinische Präsentation kann von einer zyanotischen Zehe oder Livedo reticularis bis hin zu einer diffusen Multiorganerkrankung reichen, die andere systemische Erkrankungen imitieren kann. Milde Formen der Erkrankung haben eine gute Prognose und klingen ohne Folgeerscheinungen ab. Diffuse multisystemische Formen haben jedoch eine sehr schlechte Prognose. Die Niere ist das Organ, das am häufigsten betroffen ist (in ca. 50% der Fälle). Bei der systemischen Form ist die Prognose mit einer Sterblichkeitsrate von etwa 70 % schlecht. (4)
Das Blaue-Zehe-Syndrom wird bei der Erstvorstellung häufig fehldiagnostiziert. Die Fußpulse sind oft tastbar, was den Arzt von der Diagnose einer Gefäßpathologie ablenken kann. Die Differentialdiagnose kann in drei Kategorien unterteilt werden: Embolien aus dem kardialen und arteriellen System, erworbene Hyperkoagulabilitätsstörungen und Syndrome, die zu einer peripheren Gefäßpathologie führen. Nicht-invasive Gefäßuntersuchungen, periphere Angiographie, abdominale und popliteale Sonographie und Echokardiographie können bei der Entdeckung des Ursprungs der Embolie hilfreich sein. In jüngster Zeit haben sich die transösophageale Echokardiographie und die MRT als hilfreiches Instrument zur Darstellung der thorakalen Aorta und zur sehr detaillierten Beschreibung der Anatomie des Aorten-Atheroms erwiesen. (5) Die Diagnose wird in der Regel (definitiv) durch eine Haut- oder Muskelbiopsie und eine fundoskopische Untersuchung mit Darstellung von Cholesterinkristallen bestätigt.
Zurzeit bleibt die Operation (Endartektomie oder Bypass mit Ausschluss der Emboliequelle) die sinnvollste Behandlungsoption für Patienten mit Aneurysmen. Bei allen anderen Patienten ist eine Operation nur selten indiziert, da der Ursprung der Cholesterinkristall-Embolisation nicht sicher ist und die Patienten meist zu schwach für einen größeren chirurgischen Eingriff sind. In einigen dieser Fälle können endovaskuläre Verfahren (Angioplastie mit Stent oder Endoprothese) eine rekonstruktive Operation zur Beseitigung der Emboliequelle ersetzen. (6, 7)
Die medizinische Behandlung ist meist symptomatisch: Ruhe, Wärme, geeignete Verbände, Flüssigkeitszufuhr und, wenn nötig, Organunterstützung, vor allem zur Sicherung der Nierenfunktion. Die Behandlung der Schmerzen, die meist in keinem Verhältnis zur Ausdehnung der Gewebeläsion stehen, ist von größter Bedeutung. Da diese Patienten in der Regel eine fortgeschrittene atherosklerotische Erkrankung haben, ist eine Sekundärprävention mit Eliminierung der Risikofaktoren der Atherosklerose zwingend erforderlich. Thrombozytenaggregationshemmer stellen eine der grundlegenden Behandlungsmöglichkeiten des Blue-Toe-Syndroms dar. (8) Die vollständige Schmerzlinderung und Wiederherstellung der Durchblutung wird auch durch die Verabreichung von Aspirin bei ischämischen Komplikationen der Polycythemia vera complete erreicht. (3) Vasodilatatoren, einschließlich Alpha-1-Blocker, die üblicherweise zur Behandlung von vasospastischen Erkrankungen eingesetzt werden, haben keine nachgewiesene Wirksamkeit beim Blue-Toe-Syndrom. Bei diffuser und multiviszeraler Embolie kann entweder Colchicin oder Kortikosteroide als adjuvante Therapie sinnvoll sein. Prostanoide Medikamente sind nach unseren Erfahrungen auch bei ischämischen Läsionen durch Mikroembolisationen wirksam. In Zukunft werden große randomisierte Studien benötigt, um die Vorhersage der Embolisation und damit die Entscheidung über die richtige medikamentöse Therapie zu unterstützen.
Der Inhalt dieses Artikels spiegelt die persönliche Meinung des Autors wider und ist nicht notwendigerweise die offizielle Position der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie.