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Klinische Bedeutung

Um zu verstehen, wie ein abnormaler Patellasehnenreflex auf eine mögliche neurologische Erkrankung hinweisen könnte, ist es zunächst nützlich, die grundlegende Physiologie des Patellasehnenreflexes zu betrachten. Der Patellarsehnenreflex wird durch Stimulation der Patellasehne ausgelöst, klassischerweise durch einen Reflexhammer, der sich inferior der Patella befindet. Die Stimulation dehnt die Muskelspindeln, die sich in den Quadrizepsmuskeln befinden, und diese Muskelspindeldehnung erregt afferente sensorische Neuronen, die die Muskelspindeln innervieren. Diese afferenten sensorischen Neuronen synapsen dann auf alpha-motorische Neuronen, die sich im vorderen Hornbereich des Rückenmarks befinden. Die alpha-motorischen Neuronen stimulieren dann den Quadrizeps-Muskel zur Kontraktion und erzeugen so die Reflexantwort des Quadrizeps-Muskels. Der Reflex wird durch den Nervus femoralis vermittelt, der auf der Ebene L2-L4 des Rückenmarks entspringt. Es handelt sich um einen monosynaptischen Reflex, da nur eine Synapse die Reflexantwort zwischen dem afferenten sensorischen Neuron und dem efferenten motorischen Neuron erzeugt.

Zusätzlich zur direkten Synapse mit den efferenten alpha-motorischen Neuronen stellen die afferenten sensorischen Neuronen drei zusätzliche synaptische Verbindungen im Rückenmark her. Eine Verbindung besteht zu einem inhibitorischen Interneuron. Die afferenten sensorischen Neuronen synaptieren auf diese Interneuronen, die dann die alpha-motorischen Neuronen hemmen, die die Hamstring-Muskeln innervieren. Auf diese Weise entspannen sich die Hamstring-Muskeln, die Antagonisten zu den kontrahierenden Quadrizeps-Muskeln, während der Reflexbewegung. Die afferenten sensorischen Neuronen kommunizieren auch mit dem Kleinhirn über die dorsalen spinocerebellären Bahnen. Die dorsalen spinozerebellären Bahnen leiten propriozeptive Informationen an das Kleinhirn weiter und tragen dazu bei, dass die Patellasehnenreflexe das Gleichgewicht halten. Schließlich senden die afferenten sensorischen Neuronen Signale an den Kortex.

Im Allgemeinen geht man davon aus, dass ein fehlender oder verminderter Patellarsehnenreflex, wie ihn das Westphal-Zeichen beschreibt, mit der Pathologie des PNS verbunden ist, die den Reflexbogen auf der Ebene des Rückenmarks betrifft, während hyperaktive Reflexe mit der Pathologie des ZNS oberhalb der Ebene des Rückenmarks, das den Reflex vermittelt, verbunden sind.

Ein fehlender oder verminderter Patellasehnenreflex kann auf eine PNS-Pathologie zurückzuführen sein, die entweder die afferenten sensorischen Neuronen oder die efferenten motorischen Neuronen betrifft. Wenn der Reflex fehlt oder vermindert ist und gleichzeitig ein sensorischer Verlust vorliegt, liegt die Läsion wahrscheinlich in den afferenten sensorischen Nerven. Beispiele für Krankheiten, die in diese Kategorie fallen, sind sensorische Polyneuropathien, spinozerebelläre Degenerationen und Wurzelausbrüche. Wenn der Reflex fehlt oder in Kombination mit Lähmungen, Muskelschwund oder Faszikulationen vermindert ist, betrifft die Pathologie wahrscheinlich eher die efferente motorische Komponente des Reflexes. Beispiele für Krankheiten, die in diese Kategorie fallen, sind motorische Neuronopathie, Radikulopathie und Störungen der neuromuskulären Verbindung, wie das Lambert-Eaton-Syndrom. Viele weitere Ursachen für eine periphere Neuropathie können zu einem fehlenden oder verminderten Patellarsehnenreflex führen, einschließlich Diabetes, Alkoholmissbrauch, Amyloidose, Vitaminmangel, Toxine und Krebs in der Ferne. Daher ist die Beobachtung des Westphal-Zeichens wenig spezifisch, kann aber die Diagnose einer Pathologie des PNS unterstützen.

Die Beobachtung eines hyperaktiven Patellarsehnenreflexes deutet dagegen im Allgemeinen auf eine Pathologie des ZNS oberhalb der L2-L4-Rückenmarksebene hin, wo der Patellarsehnenreflex vermittelt wird. Die Großhirnrinde und Regionen des Hirnstamms beeinflussen die tiefen Sehnenreflexe, wie z. B. den Patellasehnenreflex. Diese Bereiche des Gehirns senden Verbindungen zum Reflexbogen über Gamma-Motoneuronen, den kortikospinalen Trakt und wahrscheinlich andere absteigende Bahnen des Rückenmarks. Ein Einblick in den Ort der ZNS-Läsion kann durch die Beobachtung der tiefen Sehnenreflexe in verschiedenen Körperteilen gewonnen werden. Zum Beispiel würde ein hyperaktiver Patellarsehnenreflex mit einem normalen Bizepsreflex auf eine Pathologie im Rückenmark zwischen C5/C6 (wo der Bizepsreflex vermittelt wird) und L2/L4 (wo der Patellarsehnenreflex vermittelt wird) hinweisen. Die Analyse desselben Reflexes auf beiden Seiten ist ebenfalls hilfreich. Zum Beispiel könnte ein hyperaktiver Patellarsehnenreflex im rechten Bein, aber ein normaler Patellarsehnenreflex im linken Bein auf eine Pathologie des lateralen kortikospinalen Trakts auf der rechten Seite hinweisen.

Hyperthyreose und Hypothyreose sind ebenfalls dafür bekannt, Reflexe wie den Patellarsehnenreflex zu beeinflussen. Eine Hyperthyreose ist mit einer Hyperreflexie und einer beschleunigten Entspannung der kontrahierenden Muskeln des tiefen Sehnenreflexes verbunden. Umgekehrt wird eine Hypothyreose mit verminderten Reflexen und einer verzögerten Entspannung der kontrahierenden Muskeln des tiefen Sehnenreflexes in Verbindung gebracht. Daher können Schilddrüsenerkrankungen Teil der Differentialdiagnose sein, wenn ein abnormaler Patellarsehnenreflex beobachtet wird.

Die Qualität des Patellarsehnenreflexes ist ein wertvoller Anhaltspunkt für die Diagnose. Allerdings liegen die diagnostische Sensitivität und Spezifität für abnorme tiefe Sehnenreflexe angeblich bei 50 % bis 70 % bzw. 70 % bis 95 % (mit zunehmendem Alter weniger spezifisch). Es ist auch bekannt, dass die Reflexe bei gesunden Personen manchmal schwer zu stimulieren sind. Darüber hinaus gibt es eine signifikante Intra- und Interobserver-Variabilität bei der Interpretation der Reflexe. Aufgrund der insgesamt geringen Sensitivität und Spezifität, die mit der Beobachtung abnormaler tiefer Sehnenreflexe verbunden sind, muss die Qualität des Patellarsehnenreflexes im Kontext der gesamten Präsentation eines Patienten interpretiert werden und sollte nicht allein als Mittel zur Diagnose herangezogen werden.

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